Foto: Stefano Corso

 

Kompositionsauftrag an Lucia Ronchetti

Oper Frankfurt, Frankfurt am Main, Deutschland

 

Im Inferno, der Hölle, beginnt im Frühling 1300 die literarische Reise des italienischen Dichters und Philosophen Dante Alighieri durch die jenseitige Welt, die er in seinem Werk Divina Comedia (ital. Göttliche Komödie) beschreibt. Hier trifft der Wanderer auf zahlreiche Figuren aus Mythos und Zeitgeschichte, die sich entsprechend ihrer jeweiligen Sünden in verschiedenen Kreisen der Hölle befinden. Diese Kreise bilden eine Spirale, die stufenweise zum Zentrum der Erde führt, wohin Luzifer zu Beginn der Zeit gefallen war. Dante ist der Entdecker dieser Unterwelt und Schöpfer eines fantastischen literarischen Reiches. Detailliert und anschaulich beschreibt er unter anderem die gefallene menschliche Natur.

Auf diesem ersten Teil der Göttlichen Komödie basiert die neue Opernkomposition von Lucia Ronchetti, die von der EvS Musikstiftung gefördert wird. Bezugnehmend auf vielfältige Musiktraditionen erschafft Lucia Ronchetti eine durchgehende Musik, in die auch die Dialogpassagen der Oper eingebettet sind. Während der Hauptdarsteller Dante sich in seinen Entdeckungen und Kommentaren klar und deutlich in deutscher Sprache artikuliert, wirken die von einem Vokal-Quartett und einem Chor reflektierenden Passagen durch den italienischen Gesangstext entrückter. Ein Epilog ist der Figur des Luzifers gewidmet. Es ist ein Bass-Solo mit Streichquartett-Begleitung und basiert auf einem Text, der in einer Art Nonsense-Sprache formuliert ist. Diesen Epilog verfasste der italienische Autor Tiziano Scarpa, der einen Roman in einer Kunstsprache geschrieben hat, die sich an süditalienische Dialekte anlehnt. Dante selbst war ausgebildeter Musiker und mit der Musiktheorie vertraut. Im Inferno bezieht sich der Dichter auf viele Klangeffekte und Interventionen, die man als Soundscapes beschreiben kann. Hinzu kommt die menschliche Stimme in vielfältiger Ausprägung: als Schmerzensschrei, Weinen, Wutschrei etc. – hieran knüpft Lucia Ronchetti an. Die eigenwillige Färbung des Orchesters als reines Blechbläser- und Perkussions-Ensemble kontrastiert mit den solistisch eingesetzten Streichern. Die Musik nimmt sich immer wieder zurück, um der Sprechstimme Raum zu geben. Dantes Vision einer verderbten Welt und der Bestrafung, die ihrer im Jenseits harrt, stellt uns brennende Fragen, die in der Musik Ausdruck finden.

 

18. April 2020
17. Mai 2020
Bockenheimer Depot, Frankfurt am Main, Deutschland

 

Weitere Informationen:
oper-frankfurt.de